Das Zusammenspiel von Stilquellen und Stilwelten

Heute schreibt unser Gastautor und Kooperationspartner Frank Kirsch über ein spannendes Wendethema und wie seine wohnWelten auf unsere Stilwelten treffen.

Gastautor Frank Kirsch

– Zielgenaues Interieurdesign auf Basis von Wohnmilieus und Lebenswelten –

Früh habe ich von Andrea Heppe gelernt, dass Menschen binnen weniger Sekunden entscheiden, ob ihre Erwartungen an ein Produkt, an ein Haus oder eine Wohnung erfüllt werden oder nicht! Ob sich ein wohliges Bauchgefühl einstellt oder ein grummelndes Unwohlsein bis hin zum extatischen Fluchtverhalten. Gerade in meinem Aufgabengebiet, dem Schaffen einer Markenqualität und Lage, einer emotionalen und glaubwürdigen Story, ist es demnach entscheidend für den Erfolg, dass die kommunizierten Erwartungen von Immobilienkäufern und Mietern im ersten Moment erfüllt werden. Um damit ein positives Beratungs- und Entscheidungsklima für Kunde und Verkäufer zu schaffen.

Dabei beziehe ich soziale und gesellschaftliche Forschung mit ein und kann messbare Ergebnisse aus der Praxis vorweisen. Mit meinem Unternehmen wahrZeichen® berate ich seit 10 Jahren auf der Basis sozialer Wohnmilieus und Lebenswelten Entwickler von Baugebieten, Wohnquartieren und Immobilien bei der Realisierung und Marktorientierung als eine Art Marktvorhersage. So finden Kundenwünsche und Anbieterziele genauer zueinander. Die Wohnmilieus hat wahrZeichen® gemeinsam mit dem sozialwissenschaftlichen Sinus-Institut entwickelt. Sinus ist seit 35 Jahren im Konsumgüter-, Finanz- und Dienstleistermarkt eine bekannte Größe. Mit wahrZeichen® wurde das Modell jetzt auf das Wohnen übertragen. Die Milieus stellen eine Alternative zu demografischen Zielgruppen dar. Im Gegensatz zu gängigen Lebensformen wie Senioren, Paaren, jungen Familien und Studenten setzt das gesellschaftliche Modell auf eine Werte- und Statusbasis. Auf der Werteskala werden Kunden nach traditionellen, gegenwärtigen, familienorientierten und innovativen Aspekten unterschieden. Auf der Statusachse werden diese nach niedrigem, mittlerem und gehobenem Status beurteilt. Zehn verschiedene Lebenswelten, die völlig unterschiedliche Vorstellungen vom Wohnen, von Architektur, von Grundrissen, Einrichtung und Nachbarschaften haben, sind somit greifbarer geworden.

Sinus, Wohn- und Lebenswelten

Sinus, Wohn- und Lebenswelten

Bekannte Wohnquartiere sind so z. B. durch die Aufteilung in verschiedene Themenquartiere und Lebensräume erfolgreich und kundenorientierter verwirklicht worden. In Prima Colonia im Kölner Westen oder in rondo am Wachtberg im Bonner Süden wurde das Wissen zu den Wohnmilieus angewendet und erlangte beachtliche Ergebnisse. Denn die abgestimmte Qualität und die Schaffung charakterstarker Nachbarschaften macht sich im Wert der Immobilienlage und in der Zufriedenheit der Bewohner bemerkbar. Der Grundsatz „Gleich und gleich“ gesellt sich gerne!“ bewahrheitete sich und wurde sichtbar. So wird beispielsweise jeder Besucher des Baugebietes rondo feststellen, dass Einfamilienhausgruppen in einem abgestimmten Baustil entstanden sind, obwohl es sich um individuelle Einzelbauherren handelte. Das Menschen, die in ein Quartier mit mediterranem Flair ziehen, einer gleichen Lebenswelt angehören, erklärt sich von selbst. Im Jakobsviertel in Köln wurde daraus ein Gestaltungsleitfaden für ein Quartier.

Spannend sind die daraus resultierenden Auswirkungen der verschiedenen Wohnwünsche auf das Interieur und Design. Komme ich zurück auf die Einleitung. Bezüglich der emotionalen Erwartungen und deren Befriedigung wird es entscheidend sein, dass Farbstimmung, Materialwahl und Grundrissaufteilung passen. Gibt es also Unterschiede zwischen konservativen und innovativen Kunden und wenn ja, welche?

Ich beschreibe an dieser Stelle einmal beispielhaft zwei Wohnmilieus, die in der Skala weit auseinander liegen, allerdings beide mit gehobenem Status, sodass die Unterschiede deutlich werden: die Konservative Klasse und die Performende Avantgarde.

PDF-Download der Sinus Milieugrafik

Die Konservative Klasse legt besonderen Wert auf eine klassische, repräsentative Architektur. Traditionelle Materialien werden bevorzugt. Da man das Kapitel des Einfamilienhauses hinter sich gelassen hat oder dies plant, wird Wert auf viel Fläche auf einer Ebene gelegt, möglichst schwellenfrei. Ideal ist ein Grundriss der sich möglichen und zu erwartenden Veränderungen in der Lebensphase anpasst. Zeichnen Architekten in ihren Grundrissen immer noch das klassische Doppelbett im Schlafzimmer, so wissen wir, dass zwei getrennte Schlafzimmer, möglichst mit einem Bad in der Mitte, im Trend sind. Sei es weil der eine noch lesen, der andere Fernsehen oder Schnarchen will, eine klare Raumaufteilung ist gewünscht. Offene, neumodische Küchen sind ein Graus. Ein aufteilbares Wohnzimmer für verschiedene Funktionen, wie man es aus der Gründerzeit kennt, sind eine positive Überraschung. Die Einrichtung und die Farben sind gesetzt, Holz ist beliebt, gerne auch dunkler. Und irgendwo muss Platz sein für die lebenslange Schrankwand, den Sekretär oder den roten Sessel. Ein Stück Erinnerung, das bleibt. Die Konservativen bevorzugen die solide Komplettausstattung. Zuviel Auswahl und neumodisches Schnickschnack schreckt nur ab, also sollten unnötige Experimente vermieden werden.

Die Performende Avantgarde macht die Performance zum Lebensinhalt. Puristisch muss es sein, in Anlehnung an große Designer und Architekten. In jedem Detail und Designstück steckt eine Story und ein Preis, den auch die Gäste und Nachbarn kennen. Der Eingangsbereich muss repräsentieren, möglichst hell und offen sein. Überhaupt, Offenheit ist die Leitidee. Damit läuft die heutige Architektursprache vor allem bei der Avantgarde offene Türen ein. Großes Wohnzimmer mit angeschlossener Küche damit alle die große Kochinsel sehen und über den Gaggenauherd staunen!

Wenn die Avantgarde nicht essen geht, kocht sie gerne gemeinsam mit Ihresgleichen. Auch ein Grund den langen Esstisch in der Nähe der Kochzone zu platzieren. Genauso wichtig sind aber auch Rückzugsbereiche, denn die Avantgarde ist beruflich stark eingespannt und versteht ihr Zuhause auch als Rückzugsraum aus dem stressigen Alltag. Die Wahl der Materialien ist hochwertig und bestechend, so wie das Jackenkleid oder der Anzug in puristischem Black & White, oder Grau. Farbe wird nur als gezielter Akzent gesetzt. Dekortapeten beleben den Raum. Bei der Einrichtung wird Wert auf Design und Designklassiker gelegt. Bevor man sich eine einfache Lampe an die Decke hängt, wird lieber mit einer Glühbirne improvisiert, bis das Budget für den außergewöhnlichen Leuchter auf dem Konto ist.Und nicht zu vergessen, das mediale Zentrum aus großem Plasma-Flatscreen und indirekter Illumination in wechselnden LED-Farben.

Man stelle sich vor, man führt ein konservatives Paar in die Welt der Avantgarde und umgekehrt! Vergleichbar lassen sich auch die anderen Lebenswelten charakterisieren, um ein Ambiente zu schaffen in dem sich die Menschen, für die ein Haus oder eine Wohnung konzipiert wurde, ab der ersten Sekunde wohlfühlen.

Ihr Frank Achim Kirsch

Über den Gastautor:

Frank Kirsch – Marktvorhersager und Storyteller
Sein Motto ist „Mit Hilfe der Wohnmilieus Menschen im Herz und Kopf für Immobilien begeistern“
Seit 2002 betreut sein Unternehmen wahrZeichen Standort- und Projektentwickler bei der Verwirklichung kundenorientierter Quartiere und Baugebiete. 250 ha Bauland und 2.000 Immobilien wurden in den letzten 8 Jahren erfolgreich am Markt platziert. Gemeinsam mit dem Sinus-Institut wurde das Wissens- und Infopaket zu den Wohnwelten herausgegeben. Auf 260 Charts werden die 10 Milieus ausführlich charakterisiert und praktische Anwendungshilfen beschrieben.

Mehr dazu unter: www.wahrZeichen.com


Zurück zur Übersicht